Unterricht in "Offenen Lernlandschaften"
Wir unterrichten wir nach dem Prinzip der “Offenen Lernlandschaften” Dieses Prinzip umfasst eine Öffnung der Klassenzimmer, eine Öffnung im Bezug auf Methodenvielfalt und eigenverantwortliches Arbeiten (EvA) und eine Öffnung hin zu Teamarbeit der Lehrkräfte untereinander sowie der Schülerinnen und Schüler.
Die konkrete und unterrichtspraktische Umsetzung durchdenken wir zusammen im Team von Lehrkräften, Eltern, Schülerinnen und Schüler auf regelmäßigen Schulentwicklungstagen im Kloster Roggenburg. Zusammen entwickeln wir Ideen, die wir in der Folge ausprobieren und evaluieren.
Dazu dient auch eine jährliche interne Evaluation. Wir befragen die Schülerinnen und Schüler, um uns weiterentwickeln zu können.
Alle Lehrkräfte schöpfen aus einem gemeinsam entwickelten Pool von Materialien und erstellen möglichst gemeinsam Schulaufgaben für Parallelklassen.
Die Schülerinnen und Schüler vollziehen einen Perspektivenwechsel: Sie sind selbst für ihren Lernfortschritt verantwortlich, nicht die Lehrkraft. Dies wird zum Beispiel in Vertretungsstunden sichtbar, in denen selbstverständlich mit den vorhandenen Materialien eigenverantwortlich weitergearbeitet wird.
Wenn Sie mehr erfahren wollen, dann lesen Sie weiter:
"Offene Lernlandschaften" in einem traditionellen Gebäude
„Offene Lernlandschaft“ ist eigentlich ein architektonischer Begriff und meint einen großen offenen Lernbereich, der nicht in Klassenzimmer unterteilt ist. Das ist in unserem Schulgebäude nicht möglich. Bei uns war der Begriff Ideengeber für Veränderungen.
So sind wir vor einigen Jahren aufgebrochen, neue Wege zu gehen. Wir haben uns von einem konservativen Schulbau nicht schrecken lassen und mutig ein neues offeneres pädagogisches Konzept entwickelt. Arbeiten im Team der Lehrkräfte sowie der Schülerinnen und Schüler und Erziehung zur Eigenverantwortung sind unsere Leitideen.
Und wir sind immer noch auf dem Weg…
Was ist spezifisch für die offenen Lernlandschaften am Lessing?
Prinzipiell geht es uns darum, den Schulalltag, den Unterricht zu öffnen hin zu mehr Methodenvielfalt mit besonderem Fokus auf eigenverantwortlichem Arbeiten. Die Schüler*innen sollen Schule effektiver, attraktiver und in Selbstverantwortung erleben, die Lehrer*innen angenehmer, erfreulicher, und teamorientierter. Mit diesem Grundanliegen öffnen wir uns für Veränderungen.
Das sind zum Großteil praktische Veränderungen in Richtung Offenheit im Unterrichtsalltag:
„Offen“ heißt, nicht auf das Klassenzimmer beschränkt. Die Zimmertüren stehen in der Regel offen. In den Arbeitsphasen können die Kinder die Flurbereiche zum Arbeiten nutzen. Deswegen haben die offenen Lernlandschaften Teppichboden. Wenn Kinder das Gefühl haben, sich einen Platz zum Lernen aussuchen zu dürfen, dann lernen sie bereitwilliger, denn sie fühlen sich physisch und psychisch wohler. Manche Kinder liegen gerne beim Arbeiten auf dem Bauch. Kein Problem. Andere Kinder arbeiten gern etwas abseits für sich. Auch möglich. Ist eine Gruppe zu laut, dann darf sie von den anderen Kindern oder Klassen darauf hingewiesen werden. Es ist sinnvoll, dass die Kinder lernen, sich gegenseitig in ihren Anliegen ernst zu nehmen. Möchte eine Klasse eine wirklich laute Aktion durchführen, darf auch die Türe kurzzeitig geschlossen werden. Aber in der Regel soll das Gefühl vorherrschen, wir sind nicht die einzige Klasse auf dem Gang, wir lernen mit anderen Klassen in naher Nachbarschaft und nehmen aufeinander Rücksicht. Symbol dafür ist die offene Tür. Wenn Kolleginnen oder Kollegen untereinander um Ruhe bitten, soll das auch kein Problem sein. Es geht einfach immer wieder im Unterricht laut zu, das ist doch normal!
„Offen“ heißt, bewegliches Inventar. Das Klassenzimmer ist nicht auf eine starre Sitzordnung festgelegt. Die Kinder können mit den beweglichen Tischen beliebige Kombinationen entwickeln und die Lehrkraft kann ganz einfach einen übermäßig kommunikativen Schüler zu einem Einzelplatz verdonnern. Die Ranzen sollen deswegen in den Fächern bleiben. Wenn die Taschen auf dem Boden stehen, geht die Beweglichkeit verloren. Vor bzw. nach der Stunde sollen die Kinder ihre Sachen wegpacken und neu bereitlegen, indem sie zu ihren Ranzen in den Fächern gehen.
Die beweglichen Tafeln laden zum Experimentieren ein, eignen sich als Arbeitsfläche oder als Info-Brett. Die Tafeln können auch auf eine Tischgruppe gelegt oder am Boden an die Wand gelehnt von den Kindern in Gruppenarbeit beschriftet werden.
„Offen“ heißt, dass die Lehrkraft nicht auf einen Platz im Klassenzimmer fixiert ist. Wir haben einen Ablagetisch, aber kein Pult als Kommandozentrale, von dem aus wir alles steuern. Die Tafeln befinden sich in vielen Räumen an drei Seiten im Klassenzimmer, die Kinder sitzen nicht in eine Richtung gewandt, die Lehrkraft sollte deswegen immer wieder andere Plätze im Zimmer einnehmen, nicht zwingend von der Haupttafel aus unterrichten, sich in die Mitte stellen oder an die Fensterseite. Die Beweglichkeit der Lehrkraft ist damit zugleich ein Symbol dafür, dass dem Frontalunterricht weniger Gewicht gegeben wird.
„Offen“ heißt, Arbeiten im Team, jede und jeder trägt etwas bei, wir profitieren voneinander, tauschen Material aus, entwickeln einen Ideen-Pool. Wenn die Unterrichtsvorbereitung und das Dozieren nicht mehr so viel Raum einnehmen, können wir uns für andere, pädagogische Aufgaben öffnen.
„Offen“ heißt, neue Lernmöglichkeiten nutzen. Wichtigstes Potential sehen die offenen Lernlandschaften in der Selbständigkeit der Kinder. Unsere Überzeugung ist, dass ein Kind nachhaltiger lernt, wenn es möglichst viel selbst erarbeitet. Das bedeutet, - wo es sinnvoll ist - wegzukommen vom Frontalunterricht. Dabei lernt im Grunde die Lehrkraft am meisten. Viele Schüler oder Schülerinnen lassen sich berieseln, ohne dass der Stoff von ihnen wirklich aufgenommen und verarbeitet wird. Selbsttätigkeit bringt u. U. ein langsameres Arbeiten mit sich, aber ein effektiveres.
Kindern, die mit der Selbständigkeit Probleme haben, sprich – denen es an Selbstdisziplin mangelt -, kann die Lehrkraft mehr Zeit widmen und sie ermuntern, denn die anderen arbeiten ja fleißig selbständig.
Verhaltensauffälligen Kindern werden das Publikum und die Bühne für ihre Aktionen genommen, die nur in der Frontalsituation zu der gewünschten Störung für alle führen. Zielstrebige leistungsorientierte Kinder kommen mehr auf ihre Kosten, weil sie schnell arbeiten können und mit Zusatzmaterial weiterführende Förderung erhalten. Fleißige Kinder werden mit weniger Hausaufgaben belohnt, arbeitsscheue Kinder können engmaschiger betreut werden.
Durch all diese Offenheit entsteht so etwas wie eine Lernlandschaft (auch in einem alten Gebäude), die auf der einen Seite mehr als bisher den Bedürfnissen der Kinder entsprechen soll, Lernen effektiver und attraktiver gestalten soll, auf der anderen Seite uns Lehrerinnen und Lehrern ein angenehmeres und befriedigendes Arbeiten ermöglichen soll.
Unser pädagogisches Konzept der offenen Lernlandschaften hat besondere Schwerpunkte in den verschiedenen Stufen.
Zu Beginn der Unterstufe führen wir bereits in der Grundschule erworbene Fertigkeiten der Schülerinnen und Schüler fort. Freiarbeit und Wochenplan sind eigenverantwortliche Methoden, die die meisten Kinder an der Grundschule praktiziert haben. Der am Gymnasium übliche Frontalunterricht verhindert die schon vorhandene Selbständigkeit der Schülerinnen und Schüler. Deswegen arbeiten wir mit denselben oder ähnlichen Methoden wie in der Grundschule - immer mit dem Anliegen, möglichst viel Eigenverantwortung in den Lernenden zu wecken. Jedes Kind sollte die Perspektive einnehmen, dass es nur Fortschritte macht, wenn es selbst um den eigenen Lernfortschritt bemüht ist und aktiv den Lernprozess steuert.
Sind die Grundlagen gut verankert, wird in der Mittelstufe durch den Projektunterricht die Eigenverantwortung weitergeführt. Die Schülerinnen und Schüler der 8. Klassen entwickeln fächerübergreifend Projekte zu einem Oberthema und dürfen daran im tageweisen Blockunterricht arbeiten. Der Fachunterricht wird in den Blockzeiten aufgelöst, die Lerngruppen entscheiden, ob sie zum Beispiel im Computerraum oder in der Bibliothek arbeiten wollen. Es können außerschulische Institutionen sowie Dialogpartnerinnen und-partner aufgesucht und hinzugezogen werden. Am Ende wird das Ergebnis präsentiert. Ein guter Nebeneffekt ist auch, dass damit das für alle verpflichtende Projektseminar in der Oberstufe methodisch vorbereitet und entlastet wird.
Die Oberstufe übernimmt noch mehr Eigenverantwortung, indem sie „Lernen durch Lehren“ praktiziert. Vor allem die Sprachen bieten sich dafür an. Die Lernenden schlüpfen in die Rolle der Lehrenden und unterrichten sich gegenseitig, sie überlegen sich also, wie kleine Einheiten des Unterrichtstoffs aufbereitet werden müssen, um einen Lernerfolg bei den Mitschülerinnen und Mitschülern zu bewirken. Dabei üben sie alle Formen der Präsentation und leiten teamorientiertes Arbeiten an – Grundlagen für die Studierfähigkeit.