Schwedenfahrt mit Erasmus Plus
Ein malerischer See mitten in Schweden. In der Nähe des Ufers pirscht eine Gruppe junger Leute durch das Unterholz. Zwischen Heidelbeerbüschen und Heidekraut blitzen vereinzelt rote Flecken durch die Bäume des luftigen, duftenden Kiefernwaldes. Die Jugendlichen sind auf der Jagd nach… nein, nicht nach Elchen oder Rentieren, sondern nach typisch schwedischen Holzhütten. Wie es dazu kommt? Ein Erasmus-Plus-Programm mit einem Gymnasium in Karlstad bietet uns, den Schülerinnen und Schülern des Lessing-Gymnasiums, die Gelegenheit, außergewöhnliche Erfahrungen zu sammeln.
Das Programm steht unter dem Motto Nachhaltigkeit, daher machen wir uns mit dem Zug auf den langen Weg gen Norden. Der Duft von frisch gebackenen Zimtschnecken begleitet uns, während wir zehn Tage lang Schweden erleben dürfen – zwischen Karlstad und Stockholm, Kanelbullar und Köttbullar, Schule und Kultur. Zunächst erkunden wir zwei Tage lang Stockholm, wo wir ein geballtes Kulturprogramm erleben und bereits im Freilichtmuseum Skansen die traditionellen Holzbauten dokumentieren, und verbringen anschließen eine Woche an der Partnerschule, dem KLARA-Gymnasium in Karlstad, nachdem uns im vergangenen Januar bereits die schwedische Gruppe besucht hat. Wir lernen in dieser Zeit nicht nur viel über das schwedische Schulsystem, sondern auch über den Alltag, die Mentalität und die Offenheit der Menschen.

Unser Aufenthalt ist mehr als nur ein kultureller Austausch – wir erkunden die Stadt am Vänernsee, arbeiten aber vor allem in kleinen Teams an Projekten, die uns wirklich bewegen.
Im ersten Team widmen wir uns der Frage, wie nachhaltig Schulen und Kommunen in beiden Ländern handeln. Dafür führen wir Interviews mit schwedischen und deutschen Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften, werten Initiativen aus und analysieren Maßnahmen wie Mülltrennung, Energieverbrauch oder Mobilitätsangebote. Besonders spannend war dabei der direkte Vergleich: Was läuft in Schweden besser? Wo sind wir in Deutschland weiter? Unser Fazit: Nachhaltigkeit ist in beiden Ländern zwar wichtig, kommt bei vielen Familien beider Nationalitäten im Alltag aber noch oft durch fehlende Umsetzung oder mangelndes Bewusstsein an ihre Grenzen.

Die zweite Gruppe beschäftigt sich mit dem Thema „Geolokation“ am Beispiel eines europäischen Konfliktes, der Schweden wie Deutschland gleichermaßen betrifft: Es werden Bilder aus ukrainischen Städten vor und nach dem Krieg lokalisiert und verglichen. Anhand von Satellitenbildern, Karten und Berichten dokumentieren wir, wie sich Orte durch die Zerstörung verändert haben. Unser Ziel ist es, die sichtbaren Spuren des Krieges greifbar zu machen und ein Bewusstsein für die langfristigen Folgen auf Lebensräume und Gesellschaft zu schaffen. Ein Besuch des Brigademuseums in Karlstad gewährt interessante Einblicke in die schwedische Militärgeschichte und die neutrale Rolle des Landes im Zweiten Weltkrieg.

Das dritte Projekt mit dem Titel „Schülerbauhütte“ verbindet praktisches Handwerk mit Forschung. Zusätzlich zu den in Skansen aufgenommenen Bildern und Zeichnungen suchen wir in der Umgebung der Schule nach historischen Holzhäusern und halten Details fotografisch fest. Besonders spannend ist die Veränderung der Baumethoden und Architekturformen über die Jahrhunderte hinweg, die wir in eigenen Zeichnungen und Portfolios dokumentieren. Da wir Schülerinnen und Schüler der elften Klassen selbst auf dem Schulgelände eine Holzhütte bauen und dabei deutsche und schwedische Bauweisen vergleichen wollen, recherchieren wir zu typischen Methoden für Holzverbindungen und beschäftigen uns mit nachhaltigen Materialien, regionalem Holz und traditionellen Techniken. Wie viel kulturelles Wissen im Handwerk steckt, ist beeindruckend.
Als wir nach dreißig Stunden Zugfahrt mit fünf Eimern roter Schwedenfarbe für unsere Hütte am Bahnhof in Ulm stehen, sind wir müde, aber angenehm gesättigt - von den positiven Begegnungen mit den Menschen auf unserer Reise, den Eindrücken aus Natur und Kultur, vom Stolz auf unsere
Projektarbeit. All das hat unser Verständnis für globale Zusammenhänge gefördert und uns gezeigt, wie viel wir voneinander lernen können. Am Ende bleibt uns die Erkenntnis: Austausch und gemeinsames Engagement sind der Schlüssel für eine nachhaltige und friedliche Zukunft.
Mia Retter, Jakob Meternek, Benjamin Hofinger, Janosch Bardos (Kl. 11; Lessing Gymnasium), J. Uhmann


